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Reisebüro: Neuer Anlauf für Beratungshonorar


Beratung im Reisebüro - Foto: BAZA Production / shutterstock.com
Nicht zuletzt geänderte Anforderungen der Reisenden stellen das bisherige Geschäftsmodell der Reisebüros auf den Prüfstand. Für detaillierte Beratung, kombiniert mit viel Fachwissen, wird in allen Branchen ein Honorar in Rechnung gestellt. Nur die Reisebranche hat als eine der wenigen bisher kaum Selbstbewusstsein an den Tag gelegt, um sich ihre Expertise abgelten zu lassen. Das könnte sich jetzt ändern.

Bis zum Ausbruch der Covid-Pandemie 2020 war das Thema „Beratungshonorar“ in Österreich durchaus präsent und viel diskutiert. Der Überlebenskampf der Branche in dieser Zeit und der damit einhergehende Fachkräftemangel haben jedoch nach anderen Prioritäten verlangt. Bis auf einige Ausnahmen – als Vorreiter in Österreich gilt Kuoni – wird Beratung weiterhin kostenfrei erteilt.

„Eine flächendeckende Einführung eines Beratungshonorars ist damals gescheitert, weil einige große Reisebüro-Ketten nicht mitziehen wollten,“ erinnert sich Eva Buzzi, Präsidentin des ÖRV, und fügt hinzu: „Unser neuer Ausschuss Young Generation möchte das wieder auf die Agenda setzen.“ Eine der essenziellen Fragen, die es zu klären gilt, ist, welcher Betrag kann für welche Leistung verlangt werden. Kommt der Kunde bereits mit einer klaren Vorstellung zu Hotel und Anreise ins Büro, kann wohl kein Honorar in Rechnung gestellt werden. Anders bei einer individuellen Rundreise, die aufwändig recherchiert und abgestimmt werden muss.

Globaler Trend

Einer Studie der WTAAA - World Travel Agents Associations Alliance zufolge, setzen sich bei Reisebüros weltweit „Professional Fees“ für ihr Konsulenten-Service immer mehr durch. Hintergrund sind einerseits die wirtschaftliche Notwendigkeit durch den teilweisen Wegfall von Provisionen, andererseits der gestiegene Aufwand für maßgeschneiderte Rundreisen. „Der Reisende von heute möchte komplexe Reiserouten, transparente Preise und 24/7-Erreichbarkeit. Und er will einen Berater, der seine ganze Expertise einbringt, um die perfekte Reise zu kreieren. Professional Fees erlauben den Mitarbeitenden in Reisebüros, echte Konsulenten und nicht nur Instruktions-Empfänger zu sein“, erklärt Otto de Vries, Executive Director der WTAAA.

Die Untersuchung zeigt auf, dass Reisebüros ihre Expertise in Rechnung stellen können, statt sich auf zunehmend volatile Provisionen der Leistungsträger zu verlassen. Ähnlich wie bei Anwälten oder Steuerberatern könne so die Dienstleistung abgegolten werden, heißt es weiter. Dadurch hätten Reisebüros mehr Zeit für persönlichen Service und individualisierte Angebote, könnten u.a. etwa in Technologie wie KI-gesteuerte Routen-Planungs-Plattformen investieren und Reisenden mehr Wert bei voller Transparenz offerieren.

Neues Kapitel

„Damit beginnt ein neues Kapitel für die Reisebranche“, fügt de Vries hinzu, „Wir sehen eine strukturelle Transformation, bei der Reisebüro-Mitarbeitende nicht danach beurteilt werden, was sie buchen, sondern was sie wissen.“ In Neuseeland heben bereits 95% der Reisebüros Gebühren ein. Dadurch konnten die Gewinnmargen von unter 5% (für rein Provisions-basierte Buchungen) auf 12% bis 20% pro Transaktion – je nach Komplexität der Reise – gesteigert werden. Für Europa hat die Studie eine Durchdringungsrate von 66% ausgemacht. Ein Großteil davon sind nicht-refundierbare Beratungs-Anzahlungen. Von den europäischen Agenturen, die Gebühren verlangen, berichten 85% von einer besseren Revenue-Vorhersagbarkeit und 60% von mehr Profitabilität. Die Kundenloyalität sei signifikant gestiegen, wenn im Vorfeld einer Reise Planungs-Honorare klar kommuniziert und verrechnet wurden. In den USA setzen 55% der traditionellen Reisebüros auf Gebühren, meistens ein hybrides Modell mit Beratungshonorar und Provisionen.

Hürden bei der Einführung

Wenig überraschend stößt die Einführung von zusätzlichen Honoraren bei Kunden auf Widerstand. Allerdings zeigt sich auch Verständnis. So zitiert die Studie ein deutsches Reisebüro: „Kunden lehnen Gebühren nicht grundsätzlich ab, sondern nur schlecht kommunizierte. Wenn wir erklären, dass die Anzahlung von 150 EUR zehn Stunden Recherche- Arbeit für exklusive Villen und das Aushandeln von Gruppentarifen abdeckt, erkennen sie den Wert sofort.“

Ein Beispiel aus Österreich zeigt, dass der Teufel im Detail steckt. Bei Columbus Reisen werden bereits Service-Pauschalen verrechnet. Die Einführung eines Beratungs- Honorars stehe auf der Agenda und solle spätestens in sechs bis acht Monaten umgesetzt werden, berichtet Geschäftsführer Philipp Schauer. Zu klären sei noch, was für welche Beratung verrechnet werden könne. Als Beispiel führt Schauer das Honorar- Konzept bei Architekten an: Die Rechnung wird je nach Umfang der Leistung gestellt.

Ob sich das Beratungs-Honorar am heimischen Markt durchsetzen wird, ist noch offen. „Wichtig ist, dass die Big Player mit dabei sind“, betont Eva Buzzi.


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Autor/in:

Redakteur / Managing Editor

Dieter ist seit 25 Jahren wichtiger Teil des Profi Reisen Verlag-Teams. Fast jedes geschriebene Wort, das die Redaktion verlässt, geht über seinen Schreibtisch.





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