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M. Baden: „Die Sea Cloud Spirit ist ein Kreuzfahrtschiff unter Segeln“

Mit der Übernahme des dritten Schiffs, der Sea Cloud Spirit“, hat das Kreuzfahrtunternehmen seine Kapazität um 80% ausgeweitet. 

Bis zur Auslieferung des dritten Schiffes war Sea Cloud war Sea Cloud Cruises wohl vorwiegend Incentive- und Luxusreisen-SpezialistInnen bekannt. Ein beträchtlicher Teil der Kapazitäten wurde verchartert. Mit der Sea Cloud Spirit ist die Kapazität um stolze 80% gestiegen, was mehr Fokus auf den Vertrieb fordert. Wofür steht Sea Cloud? Warum ist das Produkt nachhaltig? Warum er von einem Großkonzern zu einem kleinen, feinen Unternehmen gewechselt ist? Wofür steht „Friends Giving“? Über diese und andere Themen hat Vertriebsdirektor Michael Baden mit tip-online gesprochen.

Q&A

tip-online: Von TUI Cruises zu Sea Cloud – zwei ziemlich unterschiedliche Produkte. Was waren Ihre Beweggründe für den Wechsel?
Michael Baden: Ich wollte wieder in den Vertrieb. Und Sea Cloud Cruises ist ja ein tolles Produkt. Vor Kurzem hatten wir in Wien einen Kundenabend mit Kuoni. Endlich wieder unter Menschen! Ich war ja ursprünglich bei AIDA drei Jahre lang im Vertrieb, dann zwölf Jahre bei TUI Cruises, vom ersten Tag an. Zuletzt war ich dort im Marketing tätig in der Digitalen Unit. Als Daniel Schäfer (Anm.: Geschäftsführer Sea Cloud Cruises) zu mir sagte, er würde sich freuen, wenn ich zu Sea Cloud käme, war schnell alles klar. Sea Cloud steht für ein sehr gutes Verhältnis zum Vertrieb. Bisher hat sich Daniel Schäfer darum gekümmert. Jetzt, mit dem neuen, dritten Schiff, haben wir ein echtes Kreuzfahrtschiff unter Segeln. Dafür musste der Vertrieb breiter aufgestellt werden. Segeln war nie mehr angesagt als jetzt durch die Corona-Pandemie.

tip-online: Sea Cloud hat vor Kurzem das „Friends Giving“ auf den Markt gebracht. Was ist darunter zu verstehen?
Michael Baden: Das Setting im Unternehmen spiegelt sich in „Friends Giving“ wider. Unsere Vertriebskonditionen sind seit 2013 gleichgeblieben. Wir bieten sehr auskömmliche, zweistellige Provisionen auf einen hohen Reisepreis. Pro Buchung fallen durchschnittlich 1.000 EUR Provision an. In der Pandemie waren wir immer erreichbar, obwohl unsere Schiffe eineinhalb Jahre stillgelegt waren. Für uns ist das ein bewusstes Investment in den Vertrieb und wie bei jeder Freundschaft stehen Geben und Nehmen eng beieinander. Eine Erwartung an den Vertrieb ist also durchaus auch vorhanden. Wir haben die Zeit auch genutzt für Investitionen in die Sea Cloud und die Sea Cloud 2 und alles auf den neuesten Stand gebracht. Gleichzeitig hatte der Stillstand den Vorteil, dass die Sea Cloud Spirit in Ruhe fertiggestellt werden konnte. Zusammen mit den beiden „alten Damen“ sind wir jetzt moderner denn je.

„Die Sea Cloud Spirit ist die perfekte Alternative, nur kleiner und feiner.“

tip-online: 1G, 2G, 3G – was gilt an Bord?
Michael Baden: Wir haben als erste gesagt, dass wir nur vollständig geimpfte Passagiere akzeptieren. An Bord wird ein Antigentest durchgeführt, vor dem Boarding ist ein PCR-Test vorzuweisen. Bei Landgängen galt bisher das „Safe Bubble“-Konzept. Jetzt werden in den Destinationen vermehrt auch wieder individuelle Ausflüge erlaubt.

tip-online: Mit der Sea Cloud Spirit will die Reederei den Eintritt in den Kreuzfahrtmarkt schaffen, sagt Daniel Schäfer. Was ist damit gemeint?
Michael Baden: Die Spirit bietet alles, was Kreuzfahrer suchen, von Spa und Wellness, über Fitness-Bereich bis hin zu Balkonkabinen. Das ist Kreuzfahrt unter Segeln. Die perfekte Alternative, aber kleiner und feiner, mit weniger als 200 Gästen. Dazu bieten wir landesspezifische Ausflüge. Man macht tatsächlich Urlaub und genießt das Abenteuer Entschleunigung.

tip-online: Sea Cloud hat jetzt mit dem dritten Schiff um 80% mehr Kapazität – wie wollen Sie die Schiffe füllen?
Michael Baden: Für First-Timer sind unsere Schiffe die perfekte Einstiegsdroge, für Umsteiger mal was anderes. Hochwertige Kabinen auf einem großen Schiff sind preislich angesiedelt wie bei uns. Wir pflegen eine enge Kooperation mit Reisebüros, damit sie uns als Alternative anbieten. Einige Agents waren schon an Bord.

tip-online: Wie beschreiben Sie Ihre Zielgruppe?
Michael Baden: Jeder, der gerne am Wasser ist und sich was Besonderes gönnen möchte. Relativ häufig haben wir auch Privatcharter von ganzen Schiffen. Das gibt es bereits ab 40.000 EUR pro Tag.

"Die Wahrscheinlichkeit für glückliche Gäste ist mit unserem Produkt sehr groß."

tip-online: Bisher wurde ja sehr viel verchartert – wird das bei der Spirit auch der Fall sein?
Michael Baden: Das kann ich noch nicht abschätzen. Wenn jemand kommt, sind wir bereit.

tip-online: Wie gehen Sie im Vertrieb vor?
Michael Baden: Wir brauchen den hochwertigen Vertrieb, weil wir ein erklärungsbedürftiges Produkt sind. Das ist eine Chance für den qualifizierten Vertrieb. Die Wahrscheinlichkeit für glückliche Gäste ist mit unserem Produkt sehr groß. Wir haben die beste Basis geschaffen im stationären Vertrieb mit einem guten Vertrauensverhältnis. Auf unserer Expi-Tour habe ich viele neue Gesichter gesehen, das zeigt das Interesse. Wir betreiben keine Preisetreiberei und wir verticken unsere Kabinen nicht.

tip-online: Wie ist die Bordsprache?
Michael Baden: Deutsch und Englisch. 80% sind deutschsprachig. Wir verchartern unsere Schiffe aber auch in den USA und in Australien.

"Wir müssen bekannter werden bei den Reisebüros und den Kunden."

tip-online: Wie hoch ist der Anteil von Direktvertrieb, wie hoch der von Reisebüros?
Michael Baden: Das verrate ich nicht. Das spielt bei uns null Rolle. Der Gast entscheidet, wo er bucht. Wir machen die Kommunikation mit den Reisebüros.

tip-online: Welches Potenzial sehen Sie in Österreich?
Michael Baden: Ein sehr großes. Das ist noch längst nicht ausgeschöpft. Wir müssen bekannter werden bei den Reisebüros und den Kunden. Wir müssen noch viel tun, um Kundendruck aufzubauen, so dass der Kunde im Reisebüro gezielt nach uns fragt. Nellie Seehars ist für den Aufbau der Beziehungen in Österreich zuständig. Das war schwierig während der Pandemie. Mit 80% mehr Kapazität müssen wir uns dazu Gedanken machen. 50% unserer Gäste sind Wiederholer. Es wird interessant zu sehen, wie sie sich verhalten.

tip-online: Wie laufen derzeit die Buchungen?
Michael Baden: In den Wintermonaten sind wir in der Karibik und auf den Kanaren. Beide Ziele haben an einigen Terminen noch ordentlich Kapazität frei. Grundsätzlich wird viel kurzfristiger gebucht, oder dann wieder ab Frühjahr 2022. Der Sommer 2022 ist bereits sehr gut angebucht.

tip-online: Wie hoch sind die Kosten pro Tag an Bord?
Michael Baden: Derzeit ca. 600 EUR pro Person pro Tag.

"Die Buchungen sind entweder kurz- oder langfristig. Was mal war, ist nicht mehr."

tip-online: Geht es auch in der Kreuzfahrt mehr in Richtung Kurzfristigkeit?
Michael Baden: Entweder kurz- oder langfristig. Was mal war, ist nicht mehr. Die Leute haben aber das Geld, um zu reisen.

tip-online: Wie ist Sea Cloud durch die Pandemie gekommen?
Michael Baden: Wir haben unsere Flotte stillgelegt und haben dort, wo möglich, die Kosten eingespart. Das macht uns, glaube ich, aus. Die Geschäftsleitung und die Gesellschafter stehen voll hinter uns und sind davon überzeugt, dass wieder bessere Zeiten kommen. Wir halten das Geld zusammen.

"Wir stehen für das Gegenteil von Overtourism."

 

tip-online: Merken Sie seit der Pandemie eine verstärkte Nachfrage nach nachhaltigen Produkten?
Michael Baden: Segeln war nie aktueller als heute. Sea Cloud Cruises steht für sanften Tourismus gegenüber den Gästen, den Mitarbeitern und den Partnern vor Ort. Aufgrund des Segelns waren wir schon immer nachhaltig. Am Buffet gilt Klasse statt Masse. Wir stehen für das Gegenteil von Overtourism.

tip-online: Ist eine weitere Expansion geplant?
Michael Baden: Momentan nicht. Aber never say never. Aktuell gibt es keine Pläne.

tip-online: Was ist Ihr persönliches Ziel in Ihrer neuen Position?
Michael Baden: Wir wollen jünger werden und neue Zielgruppen erreichen. Und uns im Vertrieb breiter aufstellen und ein verlässlicher Partner sein. Irgendwann soll es wieder zu einer Auslastung kommen, mit der wir wieder vernünftig Geld verdienen.

Das Gespräch führte Elo Resch-Pilcik


  Sea Cloud, Sea Cloud Spirit, Luxusreisen, Vertrieb, nachhaltiges Reisen, Kreuzfahrt


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Foto: tip

Autor/in:

Herausgeberin / Chefredakteurin

Elo Resch-Pilcik, Mitgründerin des Profi Reisen Verlags im Jahr 1992, kann sich selbst nach mehr als 30 Jahren Touristik - noch? - nicht auf eine einzelne Lieblingsdestination festlegen.




Touristiknews des Tages
28 März 2024


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