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R. Wieser: Wenn keine Passagiere Flüge buchen, ist uns allen nicht geholfen

Der Österreich-Chef von Aerticket hat aufgrund der Erfahrungen aus der Pandemie einige Vorschläge an Airlines, wie das Thema Ticketvertrieb für Reisebüros und Veranstalter künftig gestaltet werden sollte. 

Als Consolidator hat Aerticket Austria in den vergangenen Wochen fast ausschließlich seine Reisebüro- und Veranstalter-Partner darüber informiert, wie einzelne Fluglinien bei abgesagten Flügen vorgehen, wie Buchungen geändert, Tickets umgeschrieben und Rückerstattungen eingereicht werden können. Darüber hinaus hat sich Aerticket Gedanken gemacht, was sich beim Ticketvertrieb nach der Krise ändern muss, um auch künftig Passagiere an Bord zu bringen. In einem Schreiben an Partner-Airlines hat Rainer Wieser seine Forderungen klar formuliert. Im Gespräch mit tip-online erklärt er einige Details.

Fragen & Antworten

tip-oline: Was hat den Ausschlag gegeben, dass du dich mit einem Schreiben an die Airlines gewandt hast?
Rainer Wieser: Wenn - hoffentlich bald - die ersten Passagiere im Reisebüro auftauchen, um zaghaft wieder Reisepläne zu schmieden, wird bestimmt ein Thema im Vordergrund stehen: Was passiert, wenn man einen Flug bucht, der dann aber doch nicht durchgeführt wird? Kunden, Reisebüros und Veranstalter haben in den vergangenen Wochen schmerzlich gelernt: Im Fall der Fälle bekommt der Fluggast oder der Veranstalter sein Geld nicht einfach, schnell und unbürokratisch erstattet, sondern muss sich mühsam zu seinem Recht durchkämpfen und monatelang auf sein Geld warten. Um hier keiner Airline unrecht zu tun: Ja, es gab auch durchaus löbliche Ausnahmen und einige Fluglinien haben das gut und partnerschaftlich erledigt.

tip-online: Heißt das, dass nicht alle Airlines gleichermaßen empfehlenswert sind?
Rainer Wieser: Die zentrale Frage bei Neubuchungen aus Sicht des Fluggastes, aber auch aus Sicht des Reisebüros bzw. Veranstalters, der in der Vergangenheit für o.a. Vorgehensweise geradestehen musste, wird sein: Bei welcher Airline sehen die Bestimmungen hinsichtlich Frist der Ticketausstellung günstig für den Kunden aus?

tip-online: Du hast bereits einige Forderungen klar formuliert. Wie schauen diese aus?
Rainer Wieser: Kurz gesagt, um den Verkauf wieder in Schwung zu bringen und das Vertrauen wiederherzustellen, benötigt der stationäre Reisevertrieb nach unserer Erfahrung flexible und reisebürofreundliche Konditionen: Und zwar:

  • Ticketausstellung erlaubt bis drei oder vier Wochen vor Abreise (je kurzfristiger desto besser).
  • Der zum Buchungszeitpunkt geltende Flugpreis inkl. Kerosinzuschlag muss auch zum Zeitpunkt der Ticketausstellung verfügbar sein und ohne Preisänderung ausstellbar sein. (Taxen ausgenommen)
  • Kleine Stornogebühr von ca. 50 bis 100 EUR als Optionsgebühr

tip-online: Gibt es diese Konditionen nicht schon jetzt bei manchen Tarifen?
Rainer Wieser: Uns ist schon bewusst, dass diese Konstellation zumeist bei den Tour Operator Tarifen vorliegt. Was aber auch bei dieser Tarifart bei vielen Airlines fehlt, ist die Garantie, dass der zum Buchungszeitpunkt verfügbare Flugpreis inklusive Kerosinzuschlag auch zum Zeitpunkt der Ticketausstellung anwendbar bleibt. Auch macht es wenig Sinn, wenn die Tour Operator Tarife schlechte Verfügbarkeiten haben oder wesentlich teurer als die „normalen“ Tarife sind oder Specials.

Zudem: in manchen Fällen garantiert die Airline zwar den Tour Operator Tarif, allerdings ist zum Zeitpunkt der Ticketausstellung ein geänderter Tarif im Reservierungssystem geladen. Auch wenn man in diesen Fällen den „alten“ Tarif noch ausstellen darf, ist oftmals eine Rückfrage bei der Airline notwendig und jedenfalls ein sehr aufwändiger, manueller Prozess damit verbunden. Auch an dieser Ecke müsste es Verbesserungen für die Abwicklung geben.

tip-online: Nehmen sich manche Airlines mit ihren unflexiblen Konditionen selbst aus dem Spiel?
Rainer Wieser: Wir sind sicher, dass künftig in den Reisebüros und bei den Veranstaltern verstärkt darauf geachtet wird, welche Airline gebucht wird, auf Grund der Erfahrungen in der Vergangenheit. Es wird zu einer stärkeren Differenzierung kommen und der stationäre Vertrieb wird genügend Selbstvertrauen haben, die Kunden entsprechend zu lenken.

tip-online: Kämpfen nicht auch alle Airlines mit den Folgen der Pandemie?
Rainer Wieser: Ich möchte ja auch nicht nur die Airlines als „die Bösen“ darstellen. Ich verstehe sehr gut, welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen und dass auch sie von der Pandemie überrascht wurden. Was aber aus meiner Sicht ein sehr negatives Licht auf sie geworfen hat, war die Tatsache, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung auf die Veranstalter abgewälzt wurde.

Wie dem auch sei: wir wollen positiv in die Zukunft blicken und haben daher die Gelegenheit genutzt, den am meisten verkauften Airlines unsere Vorschläge zu unterbreiten, wie oben skizziert. Das verträgt sich nicht mit der wirtschaftlichen Logik einer Fluglinie, das ist mir klar. Schon gar nicht nach einer Krise, wo man dringend Liquidität benötigt. Man darf dabei aber nicht außer Acht lassen: Wenn erst gar keine Passagiere buchen, ist uns allen nicht geholfen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die eine oder andere Fluglinie sich mit unseren Vorschlägen auseinandersetzen würde und neue Tarifarten ausarbeitet: Dann könnten wir unseren Agenturen künftig bessere und flexiblere Möglichkeiten im Ticketvertrieb anbieten.

(red.)


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Foto: tip

Autor/in:

Herausgeberin / Chefredakteurin

Elo Resch-Pilcik, Mitgründerin des Profi Reisen Verlags im Jahr 1992, kann sich selbst nach mehr als 30 Jahren Touristik - noch? - nicht auf eine einzelne Lieblingsdestination festlegen.





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