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Deutsche Verbände kritisieren EU-Pauschalreiserichtlinien-Entwurf


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Führende Verbände der deutschen Reisewirtschaft und Tourismusbranche haben nun eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt. Auch ihrer Meinung nach würden die geplante Änderungen die Attraktivität der Pauschalreise maßgeblich schmälern und somit den Tourismus im In- und Ausland gefährden.

Genauso wie die Fachverbände Reisebüros und Hotellerie in der WKO in Österreich - der tip-online.at Artikel dazu HIER - vertreten auch die deutschen Verbände asr, DRV, DTV, Forum Anders Reisen, IHA, RDA und VIR die Auffassung, dass der vorgelegte Gesetzentwurf der EU zur geplante Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie 'handwerklich schlecht' gemacht ist. Dieser würde - sollte der Vorschlag der Kommission in dieser Form wirklich beschlossen werden - Regeln des fairen Wettbewerbs missachten, falsche Schlussfolgerungen aus der Pandemie ziehen und den Reisemarkt in seiner Struktur nachteilig verändern, so die Verbände in ihrer Aussendung.

Appell an die Bundesregierung

Die Verbände appellieren an die Bundesregierung, die schweren Fehler im Gesetzentwurf in den in Kürze beginnenden Sitzungen der Ratsarbeitsgruppen klar und deutlich anzusprechen, damit der EU-Rat im weiteren Verlauf zu einer sachgerechten Auffassung der europäischen Regierungen gelangt.

Die Verbände bitten ferner die Bundestagsabgeordneten, die Positionierung der Bundesregierung in den relevanten Ausschüssen sorgfältig zu beobachten und frühzeitig steuernd einzuwirken, da später in der nationalen Umsetzung aufgrund der vollharmonisierten Richtlinie nur noch wenig Handlungsspielraum bestehen wird.

Auswirkungen auf deutschen Markt

Die Verbände würden es begrüßen, wenn die EU-Kommission aktiv handwerkliche Fehler beseitigt, zentrale Punkte des Gesetzentwurfs noch einmal unvoreingenommen bewertet und korrigiert. Durch die neu angedachten, zusätzlichen Verbraucherschutzanforderungen würden Pauschalreisen im Preis weiter steigen müssen, was die äußerst preissensiblen Verbraucher aller Erfahrung nach dazu veranlassen wird, von einer Pauschalreisebuchung Abstand zu nehmen und sich stattdessen auf eigenes Risiko selbst eine Reise zusammenzustellen.

"Ohne jeden Zweifel wird die Pauschalreiserichtlinie sehr große Auswirkungen vor allem auf den deutschen Markt haben: 41% aller Pauschalreisen, die in der EU gebucht werden, werden in Deutschland verkauft - auch diesen Aspekt müsse die Politik in ihrer Beurteilung einbeziehen", appellieren die Verbände in der Aussendung. 

Vorschläge zur Verbesserung

Deswegen bitten die Verbände die Abgeordneten des in diesem Jahr neu zu wählenden Europäischen Parlaments dafür Sorge zu tragen, dass Marktverhältnisse insbesondere mit Blick auf mittelständische Strukturen berücksichtigt werden. Darüber hinaus halten es die Wirtschaftsverbände für notwendig, dass die angedachten Regeln vorab einem Praxistest unterzogen werden. Dies würde nach Auffassung der Verbände schnell verdeutlichen, dass sich einige der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regelungen als wirkungslos aber kostenintensiv und praxisfremd erweisen werden.

Im Einzelnen sieht die Verbändekoalition Verbesserungsbedarf in folgenden Punkten:

  • Die Geschäftsreise gehört nicht in eine Pauschalreiserichtlinie und ist aus der Regelung herauszunehmen.
  • Die geplante Einführung der Drei-Stunden-Frist macht den Verkauf verbundener Reiseleistungen im Reisebüro unmöglich und schmälert die Vielfalt des Angebots.
  • Die „Click through“-Regelung geht in die richtige Richtung, lässt aber nach wie vor Schlupflöcher offen.
  • Die geplante Regulierung der Anzahlungshöhe ist überflüssig und überzogen.
  • Die Ausweitung des Kundenrechts, eine Pauschalreise wegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände am Wohnsitz oder Abreiseort absagen zu können, bedeutet eine komplette Risikoverlagerung auf den Reiseveranstalter. Das ist nicht sachgemäß und unverhältnismäßig.
  • Die Einbeziehung von drei Reisewarnungen – am Wohnsitz, am Abreiseort und im Zielgebiet – ist unklar und nicht sachgerecht. Maßgeblich kann nur eine Reisewarnung sein.
  • Mit der strikten Beibehaltung der 14-Tages-Frist zur Rückzahlung von Kundengeldern bei Großschadensereignissen zieht die Kommission die falschen Lehren aus der Pandemie und belastet die Unternehmen unnötig.
  • Die Einführung eines zusätzlichen nationalen Krisenfonds, der einseitig von der Industrie getragen werden soll, verteuert die Pauschalreise neuerlich ohne wirklichen Mehrwert für die Kunden.
  • Die geplante Einführung einer gesetzlichen Gutscheinlösung auf freiwilliger Basis hilft in globalen Krisen nicht weiter. Eine Lösung brächte allein das Recht obligatorische Gutscheine zur Verfügung zu stellen.
  • Reisebüros benötigen keine eigene Insolvenzabsicherung für die Vermittlung bereits insolvenzabgesicherter Pauschalreisen. Der Sinn erschließt sich nicht.
  • Die Schaffung eines B2B-Regressanspruches dürfte in der Praxis nicht durchsetzbar sein. 

(red)


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Redakteurin

Julia Trillsam hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien studiert. Jetzt ist sie bereit, die Welt zu bereisen. Je sonniger die Destination, desto schneller sind ihre Koffer gepackt.





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