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Josef Plischke: Pionier und Vordenker der Reisebranche verstorben

Josef Plischke hat mit Reisen+Freizeit viele Meilensteine im österreichischen Tourismus gesetzt. Zahlreiche namhafte Größen der Branche lernten ihr Handwerk von ihm. Einer, Bertl Egger, erinnert an wichtige Stationen im Leben von Plischke.

Josef Plischke, geboren am 27. Februar 1928, stammte aus Sudentendeutschland (Zwittau) und begann in den 1950iger Jahren, im Tourismus für ein Busunternehmen im Allgäu zu arbeiten.

Ende der 1960iger Jahre gründete er zusammen mit seiner Frau Anke eine Incoming Agentur in Sölden. Er war damals für die Marken Hummel Reisen, Scharnow, Touropa und Dr. Tigges (heute TUI) verantwortlich. Mit sechs Mitarbeitern hatte er als Vollagentur die Aufgaben Betteneinkauf, Vertragsverhandlungen mit den Hoteliers, Bettensicherung und natürlich die Betreuung der Gäste während des Aufenthaltes über.

Die Marke Reisen+Freizeit entsteht

Josef Plischke wollte immer schon weitere Gebiete als Agentur erschließen. Dies war jedoch seitens der genannten Partner nicht möglich und so wechselte er 1974 als Agentur zu Neckermann + Reisen. Gleichzeitig verlegte er den Standort nach Innsbruck, da die Agentur Plischke nunmehr für ganz Österreich verantwortlich war. Das war auch die Geburtsstunde der neuen Marke Reisen+Freizeit (R+F). Dahinter steckte die Idee, neben Reiseservice irgendwann auch als Ausstatter für alles, was man für die Freizeit braucht, zu fungieren.

Mit Neckermann wurde ein Vertrag für die Länder Deutschland, Holland und Belgien, wo der Veranstalter bereits tätig war, unterzeichnet. Reisen+Freizeit war die erste „Generalagentur“ in Österreich, die für das gesamte Gebiet verantwortlich zeichnete. Weitere Regionen wie die Dolomiten, Südtirol, der Gardasee, die Ligurische Küste sowie Ungarn kamen bald danach hinzu. In den besten Jahren war die Agentur Reisen+Freizeit für über 500.000 Gäste und 28.000 Hotelbetten zuständig und somit in den 80er Jahren das größte Incoming Reisebüro in Österreich. Rund 250.000 Gäste wurden in Italien betreut.

Erste Buchungen über den Computer

Im Jahr 1978 wurde der Standort nach Salzburg verlegt. Hier begann Plischke mit dem Aufbau der Reisebüro Kette in Österreich. R+F war das erste Reisebüro mit einem Computerreservierungssystem, das mittels Standleitung nach Frankfurt zur NUR Touristik verbunden war. Daher konnten Kunden bereits direkt in das gesamte Angebot von Neckermann eingebucht werden.

Revolutionär! Ich erinnere mich noch wie ich 1981 bei R+F begonnen habe, als die Kunden fragten, ob sie bei der Eingabe der Daten ihrer Reise zusehen dürfen.

Travi Austria oder Start waren zu diesem Zeitpunkt in Österreich noch nicht als Veranstalter-Buchungstool am Markt.

Großer Aufschwung

Die Reisebüro Kette entwickelte sich bestens und man hatte in relativ kurzer Zeit 14 Standorte mit 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Österreich und weitere drei Büros in Deutschland aufgebaut. Damals begann auch das Zeitalter des Veranstalters bei R+F mit einem Spezial-Programm: Tavernen-Urlaub in Griechenland, am Peleponnes und auf Kreta. Mit wöchentlichen Charterflügen ab Linz und Wien wurden jährlich rund 14.000 Gäste mit griechischen Spezialitäten verwöhnt.

Auch das Incoming-Geschäft hatte enorme Zuwächse und so hat J. Plischke sich entschieden noch andere Märkte, speziell im Gruppen- und Incentive-Geschäft, zu erschließen. Es wurden Büros in Paris, London, Frankfurt und Los Angeles eröffnet (1983). Damit gab es 25 Incoming-Büros international und 20 Reisebüros in Österreich und Deutschland. In dieser Zeiten hatte R+F bereits ca. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und in der Saison rund 150 Freelancer.

Kauf von Neckermann Österreich

1984 wurde der Reiseveranstalter Neckermann Österreich von R+F gekauft, welcher 1988 an Kuoni wiederverkauft wurde. 1989 hat Plischke, nachdem er immer ein „weltweites Denken“ hatte, mit der damalige Thomas Cook PLC, welche im Besitz der Midland Bank war, einen Generalagenturvertrag für Österreich unterzeichnet. Gleichzeitig wurde er zum CEO of the European Advisory Board ernannt und war auch verantwortlich für den Aufbau einer Europäischen Incoming Agentur. In Salzburg etablierte er sein erstes First-Class-Reisebüro, das Rund-um-Service für besondere Kunden bot. Ende der 1980iger Jahre wurde die R+F Gruppe berechtigt, das Salzburger Landeswappen zu führen.

Verkauf an TUI

Abschließend startete Plischke ein neues Projekt mit großzügigen Reisecentern in den großen österreichischen Städten, um das ursprüngliche Ziel, auch den zweiten Teil der Marke, die Freizeit, zu forcieren. Wirtschaftliche Schwierigkeiten ergaben sich während des ersten Golf-Krieges, sodass Plischke 1992 seine Anteile an die Dr. Degener GmbH, ein Gründungsmitglied der Touristik Union International - TUI, verkaufte.

Plischke blieb der Touristik danach beratend im China-Reisen-Geschäft treu. Er plädierter bereits Anfang der 2000er Jahre für den Aufbau eines Incomings für künftige Reisende aus China.

Josef Plischke ist am 30. November 2020 verstorben. Er hinterlässt seine Frau Anke und die beiden Söhne Stefan und Markus und drei Enkelkinder. Trotz vieler Aufgaben, Visionen und Umsetzungen war Plischke die Familie am wichtigsten - vor allem die Ausbildung seiner Söhne. 

Er war im Unternehmen bekannt für seine konsequenten Schritte, aber er war für viele auch eine Vaterfigur und jemand, mit dem man gerne ein oder zwei Bier getrunken hat. Ein Vollblut-Touristiker der seinen Weg gegangen ist. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauern um den „Papa Pli“, wie er genannt wurde, und teilten mir mit, dass sie bei R+F wohl die schönste berufliche Zeit hatten.

Reise in Ruhe und schlafe in Frieden.

Bertl Egger


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Foto: privat

Autor/in:

Redakteur / Managing Editor

Dieter ist seit fast 25 Jahren wichtiger Teil des Profi Reisen Verlag-Teams. Fast jedes geschriebene Wort, das die Redaktion verlässt, geht über seinen Schreibtisch.





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