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ÖHV-Kongress: Branchenresümee zum Restart des Tourismus

Die Österreichische Hoteliervereinigung hält aktuell ihren Jahreskongress in Linz ab. Die wichtigsten Themen der Tagung: Wirtschaftshilfen, Kurzarbeit und Betriebe nach mehr als einem Jahr Krise.

Die Österreichische Hoteliervereinigung habe sich beim heurigen Jahreskongress der Interessenvereinigung in Linz zwar optimistisch für die weitere Entwicklung des heimischen Tourismus gezeigt. Dennoch verwies ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer vor den rund 480 Kongressteilnehmern auf die "gewaltigen Lücken in der Bilanz", Arbeitsminister Martin Kocher auf eine steigende Zahl an offenen Stellen in der Branche und ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer deponierte eine Tourismusforderungen an die Politik.

ÖHV-Corona-Bilanz: Das sagt die Hotellerie

Kocher, der wegen der Teilnahme an den zur gleichen Zeit stattfinden Verhandlungen über die nächste Kurzarbeitsphase nicht persönlich anwesend war, schickte eine Grußbotschaft per Video. Der Tourismus sei eine der von der Pandemie am stärksten betroffenen Branchen mit großen negativen Effekten auf den Arbeitsmarkt. Dem sei mit Kurzarbeit und Weiterbildungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice (AMS) und anderen Aktionen wie dem "Neustartbonus" - einer Art Kombilohn, mit dem der Bund den Betrieben einen Anreiz geben will, Arbeitsplätze zu schaffen bzw. zu erhalten, - entgegengesteuert worden. Aber nach einem erheblichen Einbruch an Arbeitsplätzen im Tourismus steige nun die Zahl der freien Stellen stark an. Man könne mit einer positiven Entwicklung rechnen. Die Kurzarbeit werde es aber in zwei Modellen auch weiterhin geben.

Reitterer verglich vor den rund 480 Kongressteilnehmern die Entschädigungen für Umsatzausfälle in der Branche als "Erste Hilfe" und den Lockdown als "Operation am offenen Herzen". Nun brauche es eine Reha und diese werde nach einem derartigen Eingriff lange dauern.
Die Frage "Wie geht es weiter?" beantwortete sie mit dem Verlangen nach besseren Rahmenbedingungen: Weniger Bürokratie, vorteilhaftere steuerliche Bedingungen und geringere Lohnnebenkosten, damit den Mitarbeitern mehr Geld bleibe. Das sei ohnehin nur eine Summierung der Forderungen der vergangenen Jahrzehnte. "In Wien sagt man: Es muss erst was passieren, bis was passiert - und jetzt ist was passiert", hielt Reitterer in Richtung Politik fest. Sie versprach: "Wir optimieren unsere Betriebe und Ihr, bitte, erfüllt die Forderungen." Wenn es nach den Hoteliers gehe, werde Corona gemeistert. Sicherheit sei die wichtigste Währung für die Gäste und die Mitarbeiter. 

Gratzer: "Es tun sich gewaltige Lücken auf“

„In den Bilanzen der Branche tun sich gewaltige Lücken auf“, verweist ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer auf einen Einnahmenausfall von 23,4 Mrd. EUR im Gesamtreiseverkehr. Dem stehen 2,8 Mrd. EUR an Wirtschaftshilfen und 1,5 Mrd. EUR Kurzarbeit für Beherbergung und Gastronomie gegenüber: „Da fehlen 19 Mrd. EUR. Das zeigt: So notwendig die Staatshilfen waren, sie ersetzen unternehmerische Arbeit nicht“, setzt Gratzer auf das Comeback der Marktwirtschaft: „Ein guter Sommer wäre wichtig, selbst wenn wir nur so viel Nächtigungen erreichen wie im das Vorjahr – das Niveau von 1971.“

Durchschnittlich 3,3 Mio. Umsatzverlust, starkes Stadt-Land-Gefälle

Das bestätigt auch eine aktuelle ÖHV-Branchenbefragung. Im Durchschnitt liegt der Umsatzausfall durch Corona bisher bei 3,3 Mio. EUR je Betrieb, in Wien mit 7,4 Mio. EUR mehr als doppelt so hoch. Das Stadt-Land-Gefälle wirkt sich auch auf die Investitionsprämie aus: Die haben 77% der Ferienhotels beantragt und 53% der Stadthotels. Quer durch Österreich verfügen 40% über genug Liquidität für die nächsten zwei Monate, für 49% wird es knapp. 11% brauchen dringend Einnahmen, um Kosten decken und damit Arbeitsplätze im Betrieb und in der Region sichern zu können.

Banken: Partner in der Krise

Die Banken bekommen für die Unterstützung in der Krise von den Unternehmen eine gute 2 auf der Schulnoten-Skala. 73% der Befragten sind optimistisch, im Fall der Fälle eine Erhöhung des Kreditrahmens zu bekommen. 13% sind nicht so sicher, 15% haben wenig Hoffnung, so Gratzer: „Nur weitere Lockerungen und Öffnungsschritte verhindern, dass diese Betriebe scheitern. Bei steigender Durchimpfung und sinkenden Infektionszahlen ist das das Gebot der Stunde.“

Investitionen: mit neuer Prämie zum Turbo

Licht und Schatten sieht er bei den Investitionen: 67% des für 2021 geplanten Volumens sollen laut Branchenbefragung realisiert werden: „Das ist mehr als gedacht. Gleichzeitig sehen wir noch Potential. Eine neue Investitionsprämie würde sicher helfen“, zeigt Gratzer auf.

Regierungsperformance in der Krise: Schulnote 3

Die Bundesregierung bekommt für die Abwicklung der Hilfen von der Branche eine glatte 3. Besser werden allerdings einzelne Hilfsmaßnahmen gesehen. Am besten bewertet wurde die USt-Senkung mit 1,4 Kurzarbeit und Umsatzersatz wurden mit jeweils 1,8 bewertet. Für die Entschädigung nach dem Epidemiegesetz gibt es nur eine 3,9. Eine Fortsetzung wünscht sich die Branche vor allem für die USt-Senkung.

Wichtiger Schritt: Einigung bei Kurzarbeit

2/3 der Stadthotels und ein gutes Viertel der Ferienhotels gaben bei der Befragung an, dass sie die Kurzarbeitsentschädigung über den Juni hinaus dringend benötigen würden. „Die beschlossene Fortführungen der Kurzarbeit ist wahnsinnig wichtig“, so Gratzer. Gleichzeitig steht der Hürde von 50%-Umsatzausfall laut ÖHV-Branchenbefragung eine Septemberauslastung in Wien von 51,5% gegenüber: „Das heißt die Hälfte der Hotels wird Kurzarbeit beantragen können, die andere nicht. Wie sich die Reduktion der Entschädigung um 15% auswirkt, wird man sich noch im Detail ansehen müssen. Da setzen wir auf eine enge Abstimmung zwischen Politik und Praxis“, so der Branchensprecher.

Stadthotellerie: weitere Unterstützungen überlebensnotwendig

„Wo die Rückkehr zu wirtschaftlichem Arbeiten möglich ist, soll das besser heute als morgen passieren. Wo die Auswirkungen der Pandemie business as usual noch länger verhindern, brauchen wir gut dosierte staatliche Unterstützung“, verweist Gratzer vor allem auf die Stadthotellerie: Hier gehen die optimistischsten Prognosen frühestens 2023 von Normalität aus. Klar sei, dass der gesamte Sektor besser dastünde, würden endlich eine merkliche Lohnnebenkostensenkung, die Förderung von Eigentum und Eigenkapital sowie eine echte Bürokratiereform umgesetzt: „Wir bleiben dran.“ (APA / red) 


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Foto: privat

Autor/in:

Redakteurin

Julia Trillsam hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien studiert. Jetzt ist sie bereit, die Welt zu bereisen. Je sonniger die Destination, desto schneller sind ihre Koffer gepackt.





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