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Urs Weber: Es ist gut, wenn nicht alle Eier in einem Korb sind

Urs Weber, Market Manager Österreich / Ungarn von Schweiz Tourismus, über den Vorteil eines starken Heimmarktes sowie den einer langjährigen, dualen Strategie. 

Einiges haben die Schweiz und Österreich gemeinsam. Touristisch betrachtet ist einer der wesentlichen Unterschiede, dass fast 50% der Schweizer Urlaub im Inland machen, gegenüber knapp 30% in Österreich. Der Anteil der Nahmärkte macht weitere 20% bis 25%, so dass das Wegbrechen der Überseemärkte zwar immer noch schmerzt, aber wirtschaftlich verkraftbar erscheint. Über die duale Strategie in der Marktbearbeitung erzählt Urs Weber, Market Manager Österreich / Ungarn von Schweiz Tourismus, ebenso wie über neue Produkte, die sich vorwiegend an Selbstfahrer richten. Auch der Öffentliche Verkehr spielt im Schweizer Tourismus eine wichtige Rolle. Der österreichische Gast ist bei unseren Nachbarn gern gesehen, da er pro Kopf pro Tag mit 190 SFR um 70 SFR mehr ausgiebt als der deutsche Gast.

Fragen & Antworten

tip-online: Wie läuft der Tourismus in der Schweiz seit der Grenzöffnung an?
Urs Weber: Ganz gut. Als erstes erwarten wir Gäste aus dem eigenen Land. Da haben wir gegenüber Österreich den Vorteil, dass in der Schweiz schon immer 45% bis 50% der Übernachtungen aus dem Inland kommen. Schweizer Gäste kommen auch mit den Preisen gut zurecht; sie sind nur immer erstaunt, wie günstig Urlaub im Vergleich dazu in Österreich ist. Aber sie urlauben gerne in der Heimat.

tip-online: Was bietet die Schweiz ihren Inlandsgästen?
Urs Weber: Wir versuchen, neue Nischen zu öffnen, bei denen Gäste Dinge sehen, die sonst nicht erlebt hätten. Wir haben uns mit unseren Partnern STC, SBB und Hotellerie Suisse diesbezüglich gut abgestimmt und arbeiten im b2b- und b2c-Bereich eng zusammen.

tip-online: Wie stimuliert ihr die Nachfrage nach Urlaub in der Schweiz in den Auslandsmärkten?
Urs Weber: Als Stufe 2 haben wir die Priorität auf die Nahmärkte gesetzt, die allerdings sehr heterogen sind. Wir glauben sehr an den österreichischen Markt. Der österreichische Gast gibt pro Kopf pro Tag ca. 190 Franken aus, der deutsche nur 120. Da die ÖBB in den letzten Jahren ihren Ruf dramatisch verbessern konnte, sind österreichische Besucher auch für die Bahn in der Schweiz eine wichtige Zielgruppe, besonders bei den Panoramabahnen.

tip-online: Merkt ihr Auswirkungen der Krise bei der Form der Anreise in die Schweiz?
Urs Weber: Nein, der PKW ist für Österreicher schon immer das wichtigste Anreisemittel. Der Öffentliche Verkehr hat eine große Bedeutung, aber in der Bewerbung wollen wir damit noch bis zum nächsten Jahr warten. Jetzt gibt es da noch viele Vorbehalte. In der Schweiz ist Maske-Tragen in den Öffis nur eine Empfehlung, nicht wie in Österreich Pflicht. In der ersten Phase pushen wir daher vorwiegend die Grand Tour of Switzerland (Anm.: mit Auto oder Motorrad quer durch die Schweiz), bei der Social Distancing nicht erklärt werden muss.

Day-Trips & Bahn-Kreuzfahrten

tip-online: Wie hat die Schweiz auf Produktseite für die Nahmärkte reagiert?
Urs Weber: Wie versuchen, ein paar neue Ansätze mit den Bahnen der Nachbarstaaten, mit denen wir City Packages schnüren. Auch Day Trips promoten wir verstärkt, etwa Frühstück in Luzern, dann mit der Seilbahn hinauf auf den Titlis ins Ewige Eis, zurück geht es dann per Schiff über den Vierwaldstädter See. Ein neues Produkt, das teilweise schon eingeführt wurde, sind Bahn-Kreuzfahrten. Mit dem Swiss Travel Pass können verschiedene Orte besucht werden, das Gepäck wird dabei von Hotel zu Hotel geliefert. Das System funktioniert mit intermodalen Verkehrsmitteln und hat immer optimale Anschlussverbindungen. Schwimmen in den Seen stellen wir für österreichische Gäste nicht so sehr in den Vordergrund, da sind wir nicht einzigartig.

tip-online: Wann rechnest du wieder mit einer halbwegsen Normalisierung im Tourismus?
Urs Weber: Das Rekordniveau in der Schweiz aus dem Jahr 2019 werden wir erst 2024/25 wieder erreichen können. In der Schweizer Hotellerie heißt es, dass 20% bis 25% der Hotels die Krise nicht überleben werden, obwohl die Eigenkapitalausstattung dort etwas besser ist als in Österreich.

tip-online: Wie geht ihr bei den Überseemärkten vor, welche Bedeutung haben sie?
Urs Weber: Wir fahren schon seit einigen Jahren eine Dual-Strategie. Die Nahmärkte wie Schweiz, Deutschland oder Österreich bringen uns ca. 70% des gesamten Übernachtungsgeschäfts. Langfristig ist es gut, wenn nicht alle Eier in einem Korb sind. Wir sind in beiden Bereichen parallel gefahren. Daher haben wir kleine Märkte wie Österreich auch immer bearbeitet. Jetzt liegt unser Fokus vorerst einmal auf den Nahmärkten. Die Entscheidung, wie wir da vorgehen, ist nicht zentral geregelt, sondern liegt bei den Ländervertretungen. Ich hätte gedacht, dass bei Corona jetzt relativ schnell ein Ende absehbar ist. Aber eben habe ich die Aussage eines Virologen gelesen, der meint, es sei nicht eine Frage, ob, sondern wann die zweite Welle komme. Es ist wirklich schwer, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann wir wieder normal arbeiten werden können.

tip-online: Kannst du in Zahlen fassen, was der Lock-down für den Tourismus in der Schweiz bedeutet?
Urs Weber: Nein, noch nicht. Die Zahlen reichen derzeit von bis. Das wäre jetzt reine Kaffeesud-Leserei.

tip-online: Möchtest du noch etwas hinzufügen?
Urs Weber (lacht): Ja. Ich muss unbedingt noch auf die desinfizierende Wirkung von Schokolade und Käse hinweisen. Beide heben den Serotoninspiegel und das wirkt sich günstig auf die Stimmung aus. (red.)


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Foto: tip

Autor/in:

Herausgeberin / Chefredakteurin

Elo Resch-Pilcik, Mitgründerin des Profi Reisen Verlags im Jahr 1992, kann sich selbst nach mehr als 30 Jahren Touristik - noch? - nicht auf eine einzelne Lieblingsdestination festlegen.





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