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DRV kritisiert Aufruf zum Reiseverzicht

Nachdem Bund und Länder in Deutschland den Druck auf Urlauber, auf vermeidbare Reisen in Risikoländer zu verzichten, erhöhen, kritisiert der Deutsche Reiseverband (DRV) die Vorgehensweise als Schlingerkurs.

Um der Aufforderung zum Reiseverzicht mehr Nachdruck zu verleihen, soll es für Covid-19-Erkrankte nach einer Rückkehr aus Risikogebieten keine Kompensation des Verdienstausfalls als Folge der Erkrankung mehr geben, wenn ihr Urlaubsziel bereits bei Reiseantritt als Risikogebiet deklariert war. Dies soll laut der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Infektionsschutzgesetz verankert werden. Dieser Maßnahme hält der DRV entgegen, dass damit Verunsicherung geschürt werde.

Für September ändere sich laut Merkel auch nichts an der Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten. Möglichst ab 1. Oktober solle gelten, dass diese Rückkehrer ihre vorgeschriebene Selbstisolation für 14 Tage frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach der Rückkehr vorzeitig beenden könnten.

„Der Schlingerkurs der Bundesregierung bei Reisen ist schädlich. Er verunsichert Reisende und schadet der Reisewirtschaft“, kommentiert Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Reiseverbandes, die jüngsten Entscheidungen. Dabei werde aufgerufen, auf Reisen in Risikogebiete zu verzichten. Noch vor wenigen Tagen hatt Gesundheitsminister Spahn bei der Einstufung Spaniens als Risikogebiet hervorgehoben, dass Reisen unter Beachtung der Hygienemaßnahmen möglich seien. Reisewarnungen seien kein Reiseverbot, so der Bundesgesundheitsminister, weist der DRV in einer Pressemitteilung hin. „Es wird politisch mit Begriffen hantiert, die verunsichern und kaum zu unterscheiden sind: Reiseverbot, Reisewarnung, Risikogebiet, jetzt sogar noch ein Verzichtsappell nicht zu reisen. Wir brauchen stattdessen klare Regeln und eine klar erkennbare Strategie“, forderte Inger.

Auf wissenschaftlich belegte Fakten stützen

Die Reisewirtschaft erwarte von der Politik verlässliche Entscheidungen, die sich auf wissenschaftlich belegte, objektive Fakten (siehe unten) stützen würden. „Was wir nicht brauchen: Gefühlsgeleitete Entscheidungen, die sich in kurzen Abständen wieder ändern: Darunter leiden alle, vor allem die Reisebranche, ihre Kunden – und nicht zu vergessen die gesamte exportorientierte Wirtschaft Deutschlands, die auf internationalem Austausch basiert, grenzüberschreitend tätig ist und auf Geschäftsreisen und verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen ist“, so DRV-Hauptgeschäftsführer Inger.

Faktenlage aus Sicht des DRV im Wortlaut

  1. Fakt ist, dass die klassischen Urlaubsländer und deren „Rückkehrer“ nachweislich nicht das Problem sind und im Vergleich in äußerst geringem Ausmaß Corona „mitbringen“. Dieses geht aus Daten der Flughäfen hervor, die freiwillige Rückkehrer testen. Auch die Zahlen des RKI belegen das ganz eindeutig. Auf Platz 1 der Corona-Infektionen aus dem Ausland steht Kosovo. Das ist kein klassisches Urlaubsland der Deutschen.

    Vielmehr sind es individuelle Reisebewegungen, meist mit dem Auto, zu Freunden, zu Familien, Verwandten. Menschen verhalten sich mitunter falsch, halten die AHA-Formeln nicht ein, werden unvorsichtig – und stecken sich mit COVID-19 an. Das passiert im Inland, in Risikogebieten und auch in Ländern, für die keine Reisewarnung ausgesprochen wurde. Statt politisch sauber zu differenzieren, werden Urlauber, Geschäftsreisende und die ganze Reisewirtschaft pauschal zur Verantwortung gezogen. Noch mehr: Reisebüros und Reiseveranstalter werden durch Entzug der Geschäftsgrundlage bestraft. Das ist nicht verhältnismäßig und entbehrt wissenschaftlicher Grundlage.

  2. Aus den Daten des RKI ist klar erkennbar, dass sich die Menschen vorwiegend, mit großem Abstand, im eigenen Haushalt anstecken, d.h. zuhause. Dann folgen medizinische Behandlungsstätten. Dann der Arbeitsplatz, dann die Ausbildungsstätten und dann Schulen und Kitas. Urlaub, Restaurants und Verkehrsmittel dagegen stehen weit hinten auf der Liste.

    Wenn jetzt die Themen Urlaub und Reisen an den Pranger gestellt werden, ist das nicht zielführend – es ist Augenwischerei und Aktionismus. Und das fügt der Reisewirtschaft Schaden zu. Die politischen Entscheidungsträger mögen sich vor Augen führen: Rund 11.000 Reisebüros und über 2.300 Reiseveranstalter mit fast 100.000 Mitarbeitern werden durch den Zickzackkurs der Bundesregierung gefährdet. Insgesamt stellt die Reisebranche rund drei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Weltweit, darauf hat die UNWTO erst kürzlich hingewiesen, geht es um 120 Millionen Arbeitsplätze.

    Und in vielen Staaten gibt es keine Kurzarbeitsregelungen, keine Überbrückungshilfe, kein Arbeitslosengeld. Das führt in vielen Staaten in die Armut, zu Hunger, mitunter auch zu häuslicher Gewalt. Betroffen sind wie immer vor allem die sozial Schwachen und hier vor allem Frauen. Wo ist dieser Aspekt in der Debatte?

  3. Fakt Testen: Wer viel testet, erfährt viel und das ist gut, denn je mehr wir wissen, desto zielgenauer können wir die Epidemie bekämpfen. Darum muss es gehen: Zielgenaues Bekämpfen. Wir haben als Reisewirtschaft das verstärkte Testen ausdrücklich begrüßt, gerade was Reisen aus Risikoländern betrifft. Wenn wir an Testkapazitätsobergrenzen kommen, müssen wir intelligenter testen. Nicht ausnahmslos alle (auch wenn es wünschenswert wäre), sondern eben die, die aus Hochrisikogebieten kommen – also nicht die klassischen Urlaubsländer, sondern Länder wie Kosovo, Serbien, Bosnien und Herzegowina, aus denen Rückkehrer von Verwandten- und Familienbesuchen kommen. „Wir fordern die Bundesregierung daher auf, eine kluge, konsequent risikobasierte Teststrategie zu entwickeln“, so DRV-Hauptgeschäftsführer Inger. (apa/red)

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Autor/in:

Redakteur / Managing Editor

Dieter ist seit fast 25 Jahren wichtiger Teil des Profi Reisen Verlag-Teams. Fast jedes geschriebene Wort, das die Redaktion verlässt, geht über seinen Schreibtisch.





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