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900 Jahre jüdisches Leben in Thüringen

Seit Jahrhunderten ist die jüdische Gemeinde mit ihren Traditionen und ihrer Kultur fest in Thüringen verankert.

Der berühmte Erfurter Schatz, die älteste bis zum Dach erhaltene Synagoge Europas, mittelalterliche Mikwen und Gedenktafeln: Das Erbe der jüdischen Kultur ist in den Thüringer Städten allgegenwärtig. Neben Erfurt lassen sich Spuren in vielen weiteren Städten finden: in Schmalkalden, Gera, Weimar und Gotha, und von Arnstadt über Mühlhausen, Nordhausen bis Sondershausen.

Jüdische Geschichte in Erfurt

Schon im Mittelalter galt Erfurt als Herz des jüdischen Lebens in Thüringen. Bis heute sind zahlreiche Spuren der wichtigsten jüdischen Gemeinden des Mittelalters erlebbar. Dabei können Besucher die Alte Synagoge bestaunen, die älteste bis zum Dach erhaltene Synagoge Europas. Der älteste nachgewiesene Bauabschnitt lässt sich um 1100 datieren. In ihrem Inneren birgt sie den berühmten Erfurter Schatz und eine mittelalterliche Mikwe – das ehemalige rituelle Tauchbad, entdeckt 2007 bei Grabungsarbeiten. Das Tauchbecken der mittelalterlichen Mikwe ist über ein Fenster in der Decke des Schutzbaus einsehbar. All diese Bauwerke sind Grund genug für die Stadt Erfurt, diese mit der Bewerbung um die Auszeichnung „UNESCO-Weltkulturerbe“ gesondert zu schützen und dieses einmalige Erbe einer breiten Zielgruppe zu präsentieren.

Die Kleine Synagoge ist ein weiterer wichtiger Baustein im Netzwerk "Jüdisches Leben Erfurt". Von 1840-1884 als Gotteshaus der jüdischen Gemeinde genutzt, ist die Synagoge heute eine multikulturelle Begegnungsstätte, die sich insbesondere der deutsch-jüdischen Verständigung verpflichtet fühlt. Über die Erfurter Tourist Information sind Gruppenführungen „Auf den Spuren jüdischer Geschichte“ ganzjährig buchbar. Ein großes Highlight sind die Achava-Festspiele (19.09. bis 03.10.2021) mit Konzerten internationaler Künstler, Ausstellungen, Podiumsdiskussionen und Gesprächsreihen.

Jüdisches Erbe in Gera

In den 1920er Jahren war die mehr als 500 Angehörige zählende jüdische Gemeinde in Gera die zweitstärkste in Thüringen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gründeten jüdische Unternehmer zahlreiche Geschäfte, darunter die Kaufhäuser der Familien Biermann und Jankelowitz, eine Teppich-, Leder- und Wäschefabrik. Eines der bekanntesten Unternehmen in Gera leiteten Hermann und Oskar Tietz. Ausgehend von einem kleinen Weißwaren-Geschäft schufen sie schließlich den Warenhauskonzern Hertie, der in zahlreichen großen Städten Deutschlands Filialen eröffnete. Der Warenhauskonzern Tietz wurde 1935/1936 „arisiert“, ebenso wie das Geschäftshaus des jüdischen Kaufmanns Max Biermann, das 1938 in den Besitz der Firma Braun & Co überging.

Zum Bauhaustag (05.09.) zollt Gera seiner jüdischen Geschichte Tribut mit einem umfangreichen Programm: mit einer Ausstellung „Jüdisches Leben in Gera“ im Tietz-Kaufhaus inklusive Präsentationen mit Szenenclips aus jener Zeit, einer Hörstation mit Interviews von Zeitzeugen und einer Fotoausstellung der jüdischen Fotografin Aenne Biermann. Noch bis zum 3. März 2022 lädt das Kulturhaus Häselburg Schriftsteller*iinnen, Filmregisseur*innen, Journalist*innen, Historiker*innen und Musiker*innen ein, die von ihrem Alltag als Jüdinnen*Juden in Deutschland, ihrem Leben in der DDR und jüdische Musiktraditionen, über die Auswanderung nach Israel und russisch-ukrainische Feinkostgeschäfte berichten.

Gegen das Vergessen: Jüdisches Leben in Schmalkalden

Schmalkalden beherbergte im Mittelalter zunächst nur einzelne jüdische Familien, später sogar eine der wenigen jüdischen Gemeinden in ganz Thüringen. Die Zeugnisse jüdischen Lebens finden sich noch heute an vielen Orten im Stadtgebiet. Der 1897/98 angelegte jüdische Friedhof Eichelbach, die ehemalige jüdische Schule sowie „Steine des Gedenkens“ vor den Häusern, die an die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten jüdischen Einwohner erinnern. Bei einem Spaziergang durch die historische Fachwerkstadt stoßen Besucher auf überdimensional große Wandgemälde die unter anderem an Geschichten von Holocaustüberlebenden erinnern. Gegenüber der Mikwe regt das Porträt von Magda Brown mit dem Satz: „Ich teile meine Geschichte, um diese Generation an die Gefahren von Hass, Vorurteilen und Diskriminierung zu erinnern“ zum Nachdenken an. Die Stadtführung „Auf den Spuren jüdischen Lebens in Schmalkalden“ begleitet Besucher zu den bedeutendsten Schauplätzen und kann über die Tourist-Information gebucht werden. (red.)


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Foto: tip

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Herausgeberin / Chefredakteurin

Elo Resch-Pilcik, Mitgründerin des Profi Reisen Verlags im Jahr 1992, kann sich selbst nach mehr als 30 Jahren Touristik - noch? - nicht auf eine einzelne Lieblingsdestination festlegen.





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