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„Äpfel mit Äpfeln vergleichen“

- diese Aussage ist das Verständlichste in der hitzigen Debatte um Datenstandards für Reisepakete, die zurzeit in Deutschland herrscht. Auf Initiative des Deutschen ReiseVerbands (DRV) soll für die Veranstalterreservierungssysteme und die Internet Booking Engines (IBE) ein neuer Standard für die hinterlegten Daten entwickelt werden. Grund dafür ist, so der Verband, dass sich die Distributionskanäle als Preisvergleichssysteme etabliert hätten. Dabei bestimme der Preis die Platzierung in der Ausgabe der Angebote.

Angebote mit weniger integrierten Leistungen (z. B.14 Tage Thailand mit nur einer vorgebuchten Übernachtung oder nicht enthaltene Transfers) werden im Moment mit vollständigen Offerten verglichen, schneiden im Preisvergleich daher entsprechend besser ab und werden vorgereiht. Dies ist der Stein des Anstoßes: Äpfel werden oft mit Birnen verglichen und das sei – so der DRV – nicht im Sinne des Kunden. Ein einheitliches Datenformat (genannt EDF) soll Abhilfe schaffen, und so genannte „Global Types“ (Attribute etwa von Unterkunftsart, Transferleistungen, Lage, …) eingeführt werden. Das bis heute verwendete Datenformat (Infx) wurde vor vielen Jahren für den Vertrieb von Kurzfristangeboten entwickelt. Eine klar definierte Leistung mit wenigen, fixen Parametern wird abgefragt und mit einem Preis zurück geliefert. Achim Schneider, Gründer und Geschäftsführer von Vtours erklärt, dass diese Technologie den heutigen Anforderungen nicht mehr genüge: „Die Abfragen der Kunden werden immer komplexer, daher ist es dringend notwendig, einen neuen Datenstandard zu generieren. Ich bin ein absoluter Verfechter davon.“ Technisch laufe es so ab, dass die Veranstalter die aktuellen Reiseangebote zur Verfügung stellen, die Buchungsmaschinen diese während der Nacht „abholen“ und in einem eignen Cache hinterlegen, um die Abfragen zu beschleunigen. Dies habe jedoch den Nachteil, dass auch bereits ausgebuchte Angebote weiterhin in der Datenbank zu finden sind. Einen Nachholbedarf bei der Datenqualität der Vertriebssysteme sieht auch Jasmin Taylor, Chefin des virtuellen Veranstalters JT Touristik. Sie spricht sich für mehr Standardisierung in den Datenbanken aus. "Hier müssen wir Normen setzen". Das neue Datenformat EDF soll Abhilfe schaffen. Eine neue Technologie – die Firmen Vilauma und Peakwork stellten während des fvw Kongresses Lösungen vor - soll die Datenvorproduktion ablösen. Die Abfrage soll über Schnittstellen (Player) direkt in den Systemen der Veranstalter ablaufen. In Portugal zum Beispiel wurde EDF schon erfolgreich umgesetzt. Warum es in Deutschland nun zu hitzigen Debatten kommt, hat weniger inhaltliche und technische als politische Hintergründe. In den Infx-Jahren haben sich Platzhirsche etabliert, die den Markt der Distributionssysteme untereinander ausmachten. Marktführer ist die Amadeus Tochter TravelTainment, die naturgemäß ihre Stellung am Markt bedroht sieht. Auf offener Bühne am Kongress in Köln warf Rolf Hengenfeld, Vice President Operations TravelTainment, dem Initiator DRV vor, bei der Entwicklung des neuen Datenstandards übergangen und schlecht informiert worden zu sein. Pikantes Detail am Rande: Vilauma-Boss Ralf Usbeck war einst Gründer von TravelTainment.

Diskussion stößt auf Unverständnis
Achim Schneider verstehe die Diskussion jedenfalls nicht. „Es gehe ausschließlich darum, die Nebenleistungen im Verkauf darstellen zu können. Das ist – aus Veranstalter- und Kundensicht absolut notwendig, so der Chef des virtuellen Veranstalters Vtours. Natürlich seien viele hellhörig geworden, dass sich ein Verband um diese neuen Standards kümmere. Er halte es aber für richtig, da der DRV die Interessensvertretung der Branche sei. Auch, dass die großen Veranstalter in die Entwicklung der Datenstandards eingebunden seien, begrüße er, denn diese hätten eine hohe Bandbreite und dadurch die größten Erfahrungswerte. Im Gespräch mit tip verrät Schneider, dass Vtours - in Anspielung auf die Player-Technologie – definitiv „mitspielen“ werde bei den neuen Entwicklungen. Der scheidende TraviAustria Geschäftsführer Bernhard Wegscheider verfolgte ebenfalls interessiert die Diskussion um neue Datenstandards in Köln und zeigt sich von der DRV-Initiative begeistert. „Mit neu definierten Standards wäre allen geholfen: Contentprovidern, Veranstaltern, Vertrieb und den Kunden.“ Die jetzt vorliegenden Datenmengen nennt er Tohuwabohu, die Qualität beschreibt er als Katastrophe. „Im B2B Bereich hat die Beschaffenheit der Daten bis jetzt eine nicht so große Rolle gespielt, da die Reisebüros die schlechte Qualität richtig interpretieren konnten. Im B2C Segment ist die fehlende Qualität viel schlimmer.“ Wegscheider bestätigt, dass an einer Verbesserung der Daten gearbeitet werde, bezeichnet den Prozess aber als schwierig. Den Veranstaltern attestiert er jedoch den Willen zu Veränderungen und Verbesserungen: „Das Bewusstsein Datenqualität zu produzieren ist in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen. Die Veranstalter sind sich der Notwendigkeit bewusst und arbeiten bereits an Verbesserungen.“ (red)


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Redakteur / Managing Editor

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