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Flughafen Wien gegen Verbot von Kurzstreckenflügen

Ein Verbot von Kurzstreckenflügen brächte wenig Nutzen für den Klimaschutz, das zeigt eine aktuelle Eurocontrol-Studie, damit widerspricht der Flughafen Wien den Greenpeace-Aussagen zu Kurzstreckenflügen.

Laut einer aktuellen Studie der Eurocontrol aus 2021 sind Kurzstrecken-Flüge vielfach unverzichtbare Zubringerflüge für Mittel- und Langstreckenverbindungen. Eine der Kernaussagen ist, dass diese aktuell auch durch die Bahn nicht ersetzt werden können, weil vielfach das Bahnangebot nicht oder nur unzureichend vorhanden ist. Der dafür notwendige Bahnausbau wird nicht nur Jahrzehnte dauern, sondern auch gewaltige Milliardenbeträge verschlingen.

Ohne Kurzstrecke keine Langstrecke

Kurzstreckenflüge machen zwar 24,1% aller Flüge in Europa – aber nur 3,8% der CO2-Emissionen aus. Ein Verbot von Kurzstreckenflügen brächte also wenig Nutzen für den Klimaschutz. Ohne Kurzstrecken-Flüge gibt es auch keine Langstrecken-Flugverbindungen, denn der Großteil der Passagiere auf Flügen von Wien nach München, Frankfurt, Zürich oder zu anderen Drehkreuzen steigt dort auf Weiterflüge, meistens interkontinentale Langstreckenflüge, um. So liegt der Transferanteil auf der Flugverbindung Wien-München bei 80%. Ein leistungsfähiger Bahnanschluss existiert nicht – der Flughafen München ist via Schiene nur mittels Schnellbahn über den Münchner Hauptbahnhof erreichbar. Die Nachtzugsverbindungen nach Frankfurt, Brüssel oder Paris mit Fahrzeiten von 10 Stunden und mehr machen ein Umsteigen auf Weiterflüge ebenfalls nahezu unmöglich: In den meisten Fällen kommt der Zug zu spät am Airport an und erfordert daher eine zusätzliche Nächtigung oder es gibt schlichtweg keine Fernzugsanbindung zum jeweiligen Flughafen.

Massiver Schaden für Ostösterreich 

Für den Standort Wien und ganz Ostösterreich ist die Kurzstrecke von großer Bedeutung: Der Flughafen Wien ist ein Drehkreuz für Austrian Airlines und die AUA-Mutter Lufthansa. Kurzstrecken-Flüge sind wichtige Zubringer: Über 70% der Passagiere eines AUA-Kurzstreckenfluges bis zu 400 km steigen in Wien um. Die Langstrecke wird zu 55% von Umsteigepassagieren genutzt, bei Osteuropa-Verbindungen sogar zu 65%. Ein Verbot von Kurzstreckenflügen nach Wien würde lediglich dazu führen, dass die Reisenden Flugverbindungen zu anderen weiter entfernten Airports nutzen, wie das Beispiel Graz-Wien zeigt: Über 90% der Flugreisenden von Graz nach Wien steigt am Wiener Airport in weitere Mittel- und Langstreckenflüge um. Würde dieser Zubringerflug verboten, steigen die Reisenden entweder ins Auto oder in ein anderes Flugzeug nach Frankfurt oder München – aber mit Sicherheit nicht in die Bahn, die für diese Strecke weiterhin über 2 Stunden benötigt. Ein Ausbau der Bahninfrastruktur läuft hier, wie auch in die östlichen Nachbarländer Österreichs, bereits seit Jahrzehnten, eine Fertigstellung liegt in weiter Ferne. Dass vor diesem Hintergrund von Greenpeace heute gefordert wird, dass „die Züge in Ost- und Südosteuropa deutlich schneller und öfter fahren müssen“, zeigt, wie realitätsfern diese Forderungen sind.

Bahn und Flug müssen einander ergänzen 

Es ist auch verfehlt, ständig einen Gegensatz zwischen Bahn und Flug herzustellen. Die Bahnanbindung Linz-Wien zeigt, dass beide Verkehrssysteme einander erfolgreich ergänzen können. Einen ähnlichen Bahnausbau in Richtung Osten fordert der Flughafen Wien bereits seit vielen Jahren. Nachtzüge zu innereuropäischen Hauptstädten mit Fahrtdauern von mehr als 10 Stunden, mit teilweise mehreren Umsteigevorgängen sind als Ergänzung sinnvoll, stellen für Geschäftsreisende aber jedenfalls keine praktikable und konkurrenzfähige Alternative gegenüber der Luftfahrt dar.

Alternative Treibstoffe als Schlüssel für klimafreundliches Fliegen

Die Forderungen von Greenpeace nach einem Verbot für Kurzstreckenflüge erscheinen für den Flughafen Wien in einer Zeit, in der die heimische Luftfahrt und der Tourismus noch tief in der Bewältigung der Corona-Krise stecken, kontraproduktiv und unverantwortlich: An der Luftfahrt hängen über 90.000 Arbeitsplätze in ganz Österreich. Der richtige Weg für klimafreundliches Fliegen ist es, durch Förderungen und Beimengungspflichten die großflächige Markteinführung von CO2-neutralen alternativen Treibstoffen voranzutreiben. Die Technologie zur Herstellung von synthetischem Kerosin existiert bereits. Flugbezogene Steuern sollten zweckgebunden als Fördermittel für Forschung und Entwicklung sowie die Einführung von gesetzlichen Beimengungspflichten verwendet werden. Das würde eine weitreichende Nachfrage nach alternativen Treibstoffen ankurbeln und so einen entsprechenden Markt schaffen und wäre ein planbarer und gesicherter Pfad zur CO2-Reduktion. (red)


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Sandra Zurek

Autor/in:

Managing Director

Nach 10 Jahren ist Sandra Zurek zum Profi Reisen Verlag zurückgekehrt und zeichnet aktuell neben Vermarktung und Medienkooperationen auch für Redaktion verantwortlich.





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