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Branchenprotest gegen neue Tarifstruktur der Lufthansa
Die von der Lufthansa gestern, Donnerstag, in Frankfurt vorgestellte neue Tarifstruktur sorgt naturgemäß für Aufruhr in der Reisebranche.
Die Unterscheidung zwischen Online- und stationären Tarifen entfällt künftig zwar, jedoch können Reisebüros auf die "Vorzugspreise" über CRS nur gegen ein Entgelt von 4,90 EUR zzgl. MwSt. pro Coupon zugreifen. Keine Verteuerung ergibt sich bei Buchung über lufthansa-agent bzw. bei Direktbuchung.
Mit 1. Juli 2008 führt Lufthansa in Deutschland und Österreich eine neue Tarifstruktur ein. Alle Roundtrip-Tarife werden um 30 EUR, One-way-Tarife um 15 EUR teurer. Unter dem Titel "Vorzugspreise" gibt es weiterhin die bisher gültigen niedrigeren Tarife, die jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen gebucht werden können. Argumentiert wird dieser Schritt von Lufthansa mit der "erforderlichen erheblichen Senkung der Distributionskosten". "Das Ziel ist die Halbierung der Stückkosten von derzeit gesamt 200 Mio. EUR", erläutert Dr. Karsten Benz, LH Vice-President Sales und Services Europe, im Gespräch mit tip / travelfax, und fügt hinzu: "Wir sind eine Airline und kein Vertriebsunternehmen." Für die Schweiz ist die Einführung dieses Modells für den 1. Oktober 2008 vorgesehen.
Damit Reisebüros auf das Lufthansa Tarifangebot zugreifen können, stehen ihnen mit dem neuen System drei Möglichkeiten zur Auswahl:
1. Das LH Vorzugspreisprogramm über CRS, inklusive Vorzugspreise, zuzüglich Vorzugspreisentgelt von 4,90 EUR plus MwSt. pro Coupon.
2. www.lufthansa-agent.com, das im Mai 2008 in Österreich eingeführt werden soll und in Deutschland bereits am Markt ist. Hier sind alle Tarife inklusive der Vorzugspreise buchbar, ohne Vorzugspreisentgelt pro Coupon.
3. Der Standardzugriff über CRS mit allen Tarifen, jedoch ohne Vorzugspreise, kein zusätzliches Entgelt pro Coupon.
Der Endkunde kann alle Tarife inklusive der Vorzugspreise direkt über lufthansa.com, Service Center oder Ticketschalter buchen.
Um in den Genuss des kompletten LH-Tarifangebots - inklusive der günstigen Tickets - in einem CRS zu kommen, müssen Reisebüros einen Vertrag zur Teilnahme am Vorzugspreisprogramm abschließen. Für die Ausstellung eines Vorzugspreis-Tickets verrechnet die Lufthansa ihrem Vertriebspartner 4,90 EUR zzgl. MwSt. pro Coupon. "Die 4,90 EUR decken unsere Segmentskosten bei den GDS nur partiell ab. Eigentlich liegen sie bei 5,50 EUR", hebt Karsten Benz hervor. Was Dipl.Vw. Wilfried Kropp, Geschäftsführer Amadeus Austria, jedoch dementiert: "Die GDS-Gebühren sind bei weitem nicht so hoch wie von Lufthansa angeführt." Die Ankündigung der Lufthansa sei auch für die GDS-Anbieter überraschend gekommen, so Kropp weiter.
Die Befürchtung, dass das neue Tarifsystem dem stationären Vertrieb die Existenzgrundlage entziehen könnte, will Benz nicht teilen: "Wir setzen auf eine intensive Zusammenarbeit. Reisebüros tragen mehr 80% zum Gesamtumsatz bei."
In Deutschland geht der DRV davon aus, dass die Reisebüroketten und -kooperationen die CRS-Gebühr nicht widerspruchslos hinnehmen werden: "Alles, was Geld kostet, um es buchen zu können, ist nicht akzeptabel", kommentiert DRV-Vizepräsident Hans Doldi.
ÖRV: "Großes Unverständnis"
Beim ÖRV stößt das neue Tarifmodell der Lufthansa, eine neue Flugreservierungsgebühr für Reisebüros einzuführen, auf großes Unverständnis. "Es kann nicht sein, dass Airlines die Vertriebskosten, die sie nicht im Griff haben, auf die Reisebüros abwälzen", zeigt sich Mag. Norbert Draskovits, Vize-Präsident des ÖRV, aufgebracht, und fügt an: "Dass sich die Airlines in den 80er Jahren von ihren Beteiligungen an den Reservierungssystemen verabschiedet haben, war ein strategischer Fehler. Das kann aber nicht zu Lasten der Reisebüros gehen." Die neue Tarifstruktur hätte negative Auswirkungen auf die Transparenz der Flugpreise für den Kunden und bedeute eine Erhöhung der Prozesskosten für den stationären Vertrieb. "Wenn Airlines ihre Vertriebskosten neuerlich senken wollen, ist dies durchaus legitim, allerdings darf dies nicht auf Kosten der Reisebüros und auch nicht auf dem Rücken der Kunden erfolgen. Die Reisebüros haben mit der Umsetzung der Null-Kommission ihren Kostensenkungsbeitrag bereits geleistet", so Draskovits weiter.
Das neue Modell bedeutet einen erheblichen Mehraufwand bei der technischen Durchführung einer Buchung, speziell bei Geschäftsreisen. Die Reisebüros müssten den Vorzugspreis-Aufschlag an den Kunden weitergeben, was neben Intransparenz des Tarifs auch eine Verteuerung zur Folge hätte. Ohne Vorzugspreis würden alle Roundtrip-Tarife von Lufthansa und Swiss um 30 EUR teurer werden. "Das Reisebüro kann also zwischen einem schlechten und einem sehr schlechten Modell wählen", zürnt Draskovits und fügt hinzu: "Das Modell mag für die Lufthansa am deutschen Markt richtig sein, in Österreich ist es das sicher nicht. Das bedarf weiterer Gespräche." Mit der AUA würden solche Veränderungen partnerschaftlich gelöst, so der ÖRV-Vize. Das sieht auch Robert Biegler, AUA Area Manager Österreich, ähnlich: "Wir wissen noch nicht, wie wir vorgehen werden. Oberste Priorität ist, die Kosten zu senken. Aber wir werden auf alle Fälle versuchen, eine Lösung zu finden, mit der alle leben können."
Draskovits ist jedoch optimistisch, dass es noch zu weiteren Verhandlungen kommen wird: "Die Lufthansa wird sich sehr gerne mit uns zusammensetzen", ist er überzeugt. Auch wenn Karsten Benz wenige Stunden nach Bekanntwerden des neuen Modells klar festhielt: "Wir gehen nicht mit einem Modell hinaus, um es dann weiter zu verhandeln." (red)
Autor/in:
Elo Resch-Pilcik
Herausgeberin / Chefredakteurin
Elo Resch-Pilcik, Mitgründerin des Profi Reisen Verlags im Jahr 1992, kann sich selbst nach mehr als 30 Jahren Touristik - noch? - nicht auf eine einzelne Lieblingsdestination festlegen.
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